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Gedenkfeier am La Spezia- Platz

   Tag des Selbstbestimmungsrechtes am     04. März 2012

Einladung

Mit der Teilnahme am Gottesdienst in der Spitalkirche Bayreuth um 09.30 Uhr und einer Gedenkfeier um 11.00 Uhr am Denkmal an den Schlossterrassen in Bayreuth erinnerten die Sudetendeutschen der Orts- und Kreisgruppe Bayreuth am Sonntag, 04.März 2012 an die friedlichen und waffenlosen Demonstrationen für ihr Selbstbestimmungsrecht am 04.März 1919. Die Gedenkrede hielt der Bundes- und Landesvorsitzende der Sudetendeutschen Landsmannschaft Franz Pany. Ortsobmann Helmut Mürling hatte die Begrüßung und Einführung in die Gedenkfeier übernommen. Bezirksobmann Adolf Markus aus Naila trug die Fürbitten vor. Musikalisch umrahmten die Blechbläser der Städtischen Musikschule Bayreuth unter Leitung von Pankraz Schrenker die Gedenkfeier mit Kranzniederlegung. Auch der langjährige Bezirksobmann von Oberfranken Hans Werner Bruch nahm an der Gedenkfeier teil.

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Franz Pany bei der Gedenkrede. Mit am Bild Obmann Helmut Mürling und Fähnrich Adam Hofmann

Bereits in der Begrüßung zum Gottesdienst, aber auch in der Predigt ging der Bayreuther Dekan Hans Peetz auf die Missachtung des Selbstbestimmungsrechtes für die Sudetendeutsche ein. Gerade am Sonntag der Barmherzigkeit und dem Evangelium zum Weinberg nach Markus 12 ist ein Vergleich mit der dort geschilderten Situation angebracht. Mord und Gewalttat um Vermögen. Nicht Recht, sondern Rechtsbruch, nicht Gerechtigkeit und Frieden, sondern der Rechtlose und Elende schreit in seiner Not. Schlimme Zustände. Lösung bringt nur die Barmherzigkeit und die Liebe. Wie haben die Vertriebenen reagiert?
Sie antworteten mit der Eichstätter Erklärung vom 30. November 1949 und der Charta der Heimatvertrieben im Jahr 1950 und übten Verzicht auf Rache und Vergeltung. „Die Einforderung des Selbstbestimmungsrechtes" so Dekan Hans Peetz „beseitigt Unrecht und muss sich dadurch zum Recht wandeln. Dies zeichnet auch einen Rechtsstaat aus".
Mit besonderem Interesse erwarteten die Teilnehmer an der anschließenden Gedenkfeier die Ausführungen des Bundes- und Landesvorsitzenden Franz Pany, ist dies doch eine der wenigen Gelegenheiten einem der höchsten Repräsentanten der Sudetendeutschen auf Tuch-fühlung zu begegnen. Pany begann mit der historischen Schilderung des 4. März 1919, an dem in der erst wenige Monate alte Tschechoslowakei 54 Menschen durch Gewehrsalven des Militär starben, Hunderte verletzt und viele verhaftet wurden. Sie hatten lediglich von einem demokratischen Recht, der Demonstrationsfreiheit, Gebrauch gemacht.
Den Deutschen in Böhmen, Mähren und Sudetenschlesien, so Franz Pany, wurde nach dem 1. Weltkrieg das Selbstbestimmungsrecht verweigert, was Kern einer europäischen Nachkriegsordnung sein sollte. In der Folgezeit führte dies bei der größten nationalen Minderheit des neu geschaffenen Staates zu ständigen Spannungen mit Tschechen und Slowaken. Unterdrückung ihrer Kultur, ihrer Sprache und ihres Selbstverständnisses folgten. Am Ende steht eines der größten Verbrechen in Europa nach dem 2. Weltkrieg, die Vertreibung der Sudetendeutschen, ihre Entrechtung und die unfassbaren Qualen derer, die im Sudetenland ermordet, gefoltert oder zur Zwangsarbeit gepresst wurden. Die Wunden, die diese Ereignisse gerissen haben, klaffen immer noch mitten in Europa. Immer noch fehlt der offiziellen tschechischen Politik der Mut, das Unrecht der Vertreibung einzugestehen, sowie die völkerrechtswidrigen und mit den Grundsätzen einer europäischen Rechtsordnung nicht zu vereinbarenden Rechtsakte einschließlich des Straffreiheitserlasses von 1946 für Null und Nichtig zu erklären.
Andere Länder aus denen nach dem Krieg Deutsche vertrieben wurden, betonte Pany, wie beispielsweise Rumänien, Estland, oder Ungarn, haben hier beispielhaft gehandelt. Dort wird über die Vertreibung offen als dunkles Kapitel in der eigenen Geschichte diskutiert und der gewaltsame Verlust der deutschen Bevölkerung bedauert.
„In den letzten Jahren können wir eine vermehrte Auseinandersetzung auch auf der tschechischen Seite mit der eigenen Geschichte feststellen", fuhr Pany fort.
Die Tatsache, dass im tschechischen Fernsehen eine längere Dokumentation über tschechische Verbrechen an Deutschen, darunter die Massaker von Prag und Postelberg, gezeigt werden konnte, ist bemerkenswert. Noch bemerkenswerter ist und waren die sich anschließenden Diskussionen in der Presse und in Internet-Foren.
Das Eis der schroffen Ablehnung der sudetendeutschen Bemühungen um Dialog, Anerkennung von gegenseitiger Schuld und ein versöhnendes Wort des Mitgefühls schmilzt. Vor allem ist die Mauer des Schweigens durchbrochen. Erinnerungsorte werden sichtbar, etwa durch die Gedenktafel an der Brücke von Aussig. Journalisten, die über Gräuel an Deutschen berichten, werden nicht mehr mundtot gemacht, sondern erhalten mittlerweile Anerkennung, wie zum Beispiel die Berichterstattung über das Massaker in Dobrenz. Preisgekrönte und auch im Ausland präsentierte Arbeiten tschechischer Gymnasiasten, die Ortsgeschichte in den Jahren 1938 bis 1945 behandeln, sparen das Schicksal der deutschen Nachbarn nicht mehr aus (Ausstellung „Das verschwundene Sudetenland" von Antikomplex).
Neuorientierung zeigen auch die beiden Besuche des Schirmherren, Ministerpräsident Horst Seehofer, in Prag, in der Tschechischen Republik, dem direkten Nachbarland des Freistaates Bayern und unserer Heimat. Beide Besuche fanden in der Öffentlichkeit und noch mehr innerhalb der Sudetendeutschen Volksgruppe große Beachtung und wurden intensiv diskutiert. Verstetigung und Festigung des aufgenommenen Kontaktes nach Jahren des Schweigens war und bleibt immer wieder oberstes Gebot.
Die tschechische Gesellschaft und ihr Geschichtsbild verändern sich jedoch. Die Diskussion wird sachlicher, ernsthafter. Die Medien setzen sich mit der Vertreibungsgeschichte auseinander, viele lokale Initiativen interessieren sich für die Geschehnisse nach dem Krieg. Kritische junge Leute stellen Fragen. Das alles sollte uns Mut geben.
Der Besuch unseres Schirmherrn in den letzten November-Tagen 2011 war geprägt durch den Besuch von Orten, denen das menschenverachtende Handeln der damaligen Zeit immanent ist. Es handelte sich um starke Symbolorte. Lidice steht für das Leiden der tschechischen Bevölkerung unter der NS-Besatzung (auch Gedenken für Sudetendeutsche Opfer nach 1945 vor Ort), Theresienstadt für das Menschheitsverbrechen des Holocaust. Die Brücke von Aussig war Schauplatz eines der grausamsten Vertreibungsverbrechen gegen die sudetendeutsche Bevölkerung. An allen drei Orten spiegelt sich die existenzielle Tragödie der Jahre 1938 bis 1947 wider. Sie zeigen: Schuld ist individuell, nicht kollektiv.
Gute Nachbarschaft muss auf dem Fundament der ehrlichen Auseinandersetzung mit der Geschichte und einer echten Aussöhnung basieren, sonst bleibt sie oberflächlich und in Gefahr, dass alte Gräben wieder aufbrechen. Man konnte nicht erwarten, dass eine Sensation am Ende der Reise von Horst Seehofer steht. Niemand hegte die Hoffnung, dass die Tschechen die Beneš-Dekrete zerreißen würden, die diesem Lande unwürdig sind und die die politische Kultur in der Tschechischen Republik immer noch vergiften. Aber der erste Schritt ist mit sicherem Tritt vollbracht. Darauf lässt sich aufbauen.
„Wir sind auf einen guten Weg" so Franz Pany abschließend. „Freuen wir uns an den Fortschritten, die auf der Hand liegen".

Manfred Kees

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In der Spitalkirche

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Pressebericht Nordbayerischer Kurier

Pressebericht Sudetendeutsche Zeitung