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Loreto in Italien

Loreto im Egerland

aus der Broschüre "Eine kleine Wallfahrt durch 330 Jahre Loreto" von Elfriede Bidmon

Bilderserie von Helmut Mürling

Orgelspiel : O Engel Gottes eilt hernieder

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Maria Loreto in Altkinsberg

Das Marienheiligtum "Loreto" auf dem Kinsberg, nahe der Grenze zu Bayern hat eine große Geschichte. Diese nachzuvollziehen würde ein Buch füllen und sich für das Internet wenig eignen. So seien hier nur einige grundlegenden Angaben dazu aufgezeichnet.

Santa Casa, das heilige Haus von Nazareth

Im Jahre 1658 erwarb das Egerer Collegium der Gesellschaft Jesu (der Jesuitenorden) das Gut Kinsberg. Sie wollten auf der höchsten Erhebung des Kinsberges ein lauretanisches Haus errichten, ein Haus Mariens, das dem Hause Mariens in Loreto in den italienischen Marken nachgebildet ist. Der Jesuitenorden des hatte in umfangreichem Schriften für eine Marienverehrung im Sinne Loretos geworben. Beinahe in allen Ländern Europas und Lateinamerika entstanden daraufhin Kirchen und Kapellen, die der heiligen Jungfrau von Loreto geweiht waren.
Von dem Hause Mariens in Nazareth ging die Kunde, daß es im Jahre 1291 auf wunderbare Weise von Engeln nach Tersato in Dalmatien getragen und von dort am 10. Dezember 1294 nach Recenati in einen Lorbeerhain, italienisch laureto, gebracht wurde. Von diesem stammt der Name Loreto. Das Haus, das ursprünglich in Nazareth stand, war das Geburts- und Wohnhaus Mariens. Sie hat dort mit dem Ziehvater Josef gelebt. In ihm wurde Maria die Botschaft des Erzengels Gabriel überbracht und Jesus ist dort aufgewachsen.
Das Haus aber erlebte zu einem weiteren Male eine Veränderung seines Standortes. Die "Reliquie" erhob sich von neuem und ließ sich dann endgültig auf einem Hügel in Recenati nieder. Um diesen Platz herum entwickelte sich nach und nach das italienische Loreto. Zahlreiche Legenden rangen sich um das wunderbare Haus in Loreto. Noch heute zünden die Gläubigen der Marken in der Nacht zum 10. Dezember in der Erinnerung an die Ankunft des Heiligen Hauses auf den Hügeln große Feuer an, um "die Reise der Wohnstätte Mariens" zu erleuchten.

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Die Santa Casa, das heilige Haus von Nazareth

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Die Gnadenkapelle in Altkinsberg

Tatsächlich werden die Kreuzfahrer und Mönche als "Engel" bezeichnet. Neben vielen anderen Reliquien brachten sie im Auftrag der Familie Angeli das "Material" des Hauses nach Italien.
Und die Pilger kamen. Unter ihnen Päpste, Kaiser und Könige, Künstler und Dichter. Auch Mozart kam und komponierte seine "Lauretanische Litanei".
Die Marienverehrung in Loreto sprengte alle Grenzen. Die Gaben der Pilger füllten die Schatzkammer. Auch eine Plünderung durch die Heerscharen Napoleons machte dem keinen Abbruch.
Auch heute kommen Millionen von Gläubigen, kranke und gesunde, auf den Hügel von Loreto, um im heiligen Haus von Nazareth Maria ihre Bitten vorzutragen.

Maria Loreto, das heilige Haus auf dem Kinsberg

Die Absicht der Jesuiten, auf dem Kinsberg ein lauretanisches Haus zu errichten, schien sich vorerst nicht zu erfüllen. Zu sehr drückten die Schulden auf den Orden. Ein Lichtblick erschien ihnen aber in Gestalt einer Gläubigerin namens Frau Maria Francisca. Sie sagte zum Rektor der Gesellschaft Jesu: "Wenn ich einen Mann bekomme der hunderttausen Güter hat, schanke ich euch den letzten Zahlungstermin." Sie bekam einen Grafen, dessen Güter auf fünfhunderttausen Gulden geschätzt wurden.

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Ansicht vom Friedhof aus

Am 3. Oktober 1664 wurden auf dem Berg von Kinsberg die ersten Fundamente gelegt. Die Muttergotteskapelle im Inneren des Heiligtums wurde genau nach den Maßen des Hauses von Nazareth gebaut: 9,52 Meter lang und 4,10 Meter breit. Mit den unverputzten Ziegelwänden und dem kleinen hochliegenden Fenster, war sie dem einfachen Wohnraum Mariens nachempfunden, in dem der Engel Maria die Botschaft brachte. Hinter einer Eisengitterwand steht hier im Heiligtum die künstlich geschwärzte Madonnenfigur, welche aus Lindenholz besteht und aus dem italienischen Loreto stammt. Gräfin Heisenstein ließ die Figur mit dem Jesuskind am Arm mit einer kunstvoll geschmückten Dalmatik umhüllen.
 
Das Gnadenbild wurde am 15.November 1665 zur allgemeinen Verehrung durch die Gläubigen aufgestellt. Das Hauptportal, durch das man in den Innenhof, dem Kreuzgang und der Gnadenkapelle gelangt wurde mit einem imposanten Glockenturm mit Zwiebelhaube versehen. Im Kreuzgang schmücken 26 Ölgemälde namens Stillstände mit Szenen aus dem Leben Mariens und des Herrn die Wände. Die Gläubigen stehen davor still um in Gebeten der dargestellten Szenen zu gedenken.
Im hinteren Teil ist die Heilig Geist- Kirche angebaut.

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Marmorverkleidung der Santa Casa, von Donato Bramante, einem Mitschöpfer des Petersdomes geschaffen.

Der große Kreuzweg vom Kinsberg (wird später ergänzt)

Die beiden Weltkriege

Etwa 20.000 Wallfahrer kamen im Jahre 1915 nach Loreto. Große Prozessionen beteten den Kreuzweg ab. Die Gläubigen beteten um Sieg und Frieden und um eine glückliche Heimkehr ihrer Männer und Söhne. Die 200 Jahre alte Glocke der Gnadenkapelle wurde für die Metallsammlung hergegeben. In das Kriegsjahr 1915 fiel auch die 250-Jahrfeier zu Ehren Maria Loretos. Anläßlich dieses Jubiläums wurde das Gnadenbild mit einem  goldenen Sternenkranz um das Haupt der Madonna gekrönt. Im Jahre 1917 wurde die 700-Jahrfeier anläßlich des Märtyrertodes Hroznatas begangen.
 
Nach Ausrufung der Tschechoslowakei versuchten die Tschechen auch in Altkinsberg das Deutschtum weiter zurück zu drängen. So wurde hier eine tschechische Minderheiten- Schule errichtet, die auch von deutschen Schülern besucht werden mußte. Der Unterricht war in tschechischer Sprache, so daß die Deutschen ihm kaum folgen konnten. Enttäuschung gab es bei den Sudetendeutschen über die Anstellungs- und Beförderungsmöglichkeiten. In der Weltwirtschaftskrise führte die Altkinsberger Pfarrgemeinde eine Winterhilfsaktion für das notleidende Erzgebirge durch und spendete Geld, Kartoffeln und Getreide.
Mit dem Münchner Abkommen im Oktober 1938 kam das Egerland, das 700 Jahre zuvor an Böhmen verpfändet wurde, wieder an das Deutsche Reich zurück.

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Mariä Verkündigung

Die Menschen bekamen wieder Arbeit und ihre Not hatte ein Ende. Doch der 2. Weltkrieg brachte neue Not. Am 23. Jänner 1943 zerschellte ein deutsches Flugzeug an der Ölberg- Station und zerstörte diese. Ansonsten aber blieb der Ort von Kriegshandlungen verschont. Er wurde lediglich am 1.5.1945 von amerikanischen Panzern beschossen, als SS- Truppen sich weigerten, den Ort aufzugeben.

Das Ende

Im Mai 1945 besetzten zunächst die Amerikaner das Dorf. Diese zogen sich aber bald zurück. Dafür kamen die Tschechen. Sie besetzten Fabriken, Bauernhöfe und Läden. Die Deutschen mußten gelbe (weiße) Armbinden tragen. Damit hatten sie jedes Recht verloren. Pfarrer Placht betete mit seinen Pfarrkindern den großen Kreuzweg ab- zum letztenmal. Er führte eine lange Prozession zu der in opfervoller Arbeit renovierten Gnadenstätte. Gemeinsam flehten alle um Kraft in der ausweglosen Situation.
Im Juli 1945 wurden die ersten Einwohner vertrieben. Es war die sog. wilde Vertreibung. Am 29. April 1946 mußten weitere 1700 Einwohner in der organisierten Vertreibung den Ort verlassen. Viele Altkinsberger aber setzten sich auf Umwegen schon vorher in das nahe Bayern ab, nachdem sie vorher schon einen Teil ihrer Habe dorthin gebracht hatten.
Pfarrer Plach, der letzte deutsche Pfarrer von Altkinsberg sagte: "Am 9.9. 1946 feiern wir den letzten Gottesdienst. Mit dem Allerheiligsten werde ich das letztemal die Gläubigen segnen. Dann wird es nicht mehr am Altare sein. Gott schütze meine Pfarrkinder und begleite sie. Maria mit dem Kinde lieb, uns allen Deinen Segen gib."
Drei Jahrhunderte lang wurde Maria Loreto zu einer der strahlendsen Gnadenstätten des Egerlandes. Tiefer Friede liegt über der Gnadenstätte und dem angrenzenden Friedhof, auf dem nur noch wenige Grabsteine zwischen wilden Lupinen und blauen Vergißmeinnicht wie spitze Finger an den Gottesacker erinnern. Ein Blick nach Osten läßt den Kaiserwald und bei guter Sicht die Türme der Wallfahrtskirche von Maria Kulm erkennen. Im Süden erhebt sich der Tillenberg, dessen Reichtum an Mineralien schon Johann Wolfgang von Goethe anlockte. Im Westen begrenzt der Glasberg mit der großen Kappel, deren drei spitzen Türme sich stolz in den Himmel zu bohren scheinen, die Sicht in die Oberpfalz. Und nördlich liegt die alte Reichsstadt Eger. Erst bei Einbruch der Dunkelheit signalisiert das Lichtermeer das Leben der nahen Stadt.

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Die Geburt Jesu

Während der jahrzehntelangen kommunistischen Herrschaft und Mißwirtschaft ließen die Tschechen den im militärischen Sperrgürtel gelegenen Ort Altkinsberg/ Hroznatov verkommen. Sie rissen viele Häuser ab, verwüsteten die Wallfahrtsstätte, beschmierten deren Wände mit obszönen Sprüchen und benutzten Heiligenfiguren als Zielscheibe. Die Haube des Glockenturmes brannte aus, auf dem umliegenden Friedhof wurden die Gräber plattgewalzt. Das Ende besorgten die Witterungseinflüsse. Zum Schluß bestand die Anlage nur noch aus einem Trümmerhaufen. Lediglich das Gnadenbild blieb erhalten, weil es rechtzeitig an einen sicheren Ort gebracht wurde.

Das neue Loreto

Es haben sich viele Menschen beiderseits der Grenzen eingefunden und sind aufeinander zugegangen. Sie haben sich die Hände gereicht. Sie haben unter großer persönlicher und finanzieller Opferbereitschaft die Gnadenstätte wieder aufgebaut. Allen voran Ing. Anton Hart aus Waldsassen (früher Altkinsberg) und Oberbürgermeister Otakar Mika, Eger.
In der Zwischenzeit wurden zahlreiche Prozessionen durchgeführt. Im Jahre 1994 beschlossen gläubige Menschen, in Maria Loreto wieder Glocken läuten zu lassen. Es wurden drei Glocken im neu aufgebauten Glockenturm aufgehängt: Die Ave- Glocke, die Gloria Glocke und die Sanctus- Glocke. Das Geläute wurde vom Bischof von Pilsen am 2. Oktober 1994 geweiht. Nach einem halben Jahrhundert jubilierten wieder Glocken in Maria Loreto und die Menschen weinten vor Freude.
Maria Loreto soll Mahnmal sein. Aus den Trümmern der Zeit wiedergeboren, soll es helfen, Haß und Schmerz zu lindern und Wunden zu heilen.

Das Fotoalbum