Dokumentationen

Das Knopfmuseum in Weidenberg

Knöpfe- und Glasfabrik Bernt in Weidenberg wurde zum Baudenkmal erklärt

Letzter Beweis alter Gablonzer Handwerkskunst -

In Weidenberg gibt es seit Mitte Januar 2011 ein neues Baudenkmal. Es handelt sich um die ehemalige Glasfabrik Max Bernt in der Gablonzer Werksiedlung in Weidenberg. Bürgermeister Hans Wittauer trug den Mitgliedern des Marktgemeinderates in der jüngsten Sitzung die Stellungnahme des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege vor und erläuterte das Objekt. Begutachtet wurde es von Oberkonsovator Dr. Martin Brandl vom Bayerischen Landesamt für Denkmalspflege.Durch Beschluss des Bayerischen Ministerrats vom 2. Juli 1946 sollten die heimatvertriebenen Glaswarenerzeuger mit ihren Mitarbeitern und Familien konzentriert im oberfränkischen Raum angesiedelt werden.

Hertha Mann mit einer Besuchergruppe

Wegen zeitlicher Verzögerung sowie besserer Bedingungen in Kaufbeuren, wo die noch heute als Stadtteil existierende Siedlung Neu-Gablonz entstand, blieb für dem Raum Bayreuth und das Fichtelgebirge nur noch eine begrenzte Anzahl von ansiedlungswilligen Betrieben übrig. Nachdem der ursprünglich ins Auge gefasste Flugplatz am Bindlacher Berg wegen der militärischen Nutzung durch US-amerikanische Streitkräfte nicht mehr in Betracht kam, entschied man sich für Weidenberg. Neben Weidenberg siedelten sich die Gablonzer aber auch im Fichtelgebirge, in Warmensteinach und Bayreuth an, um dort mit ihren spezialisierten Kenntnissen die Glasherstellung für Modeschmuck, Glasperlen, Knöpfe, Gravierarbeiten, Gebrauchsglas und Lüster wieder aufleben zu lassen.

Demo der Herstellung

In Weidenberg entstand am nordöstlichen Ortseingang auf einer bis dahin rein landwirtschaftlich genutzten Fläche ein eigener Ortsteil, in dem bis heute noch die zum größten Teil stark umgebauten Wohnhäuser und Produktionsstätten dieser Zeit stehen. Ein besonderes Charakteristikum dieser Siedlung bildet die bauliche Einheit mit Wohnen und Arbeiten. Dies kann nach den Ausführungen des Bayerischen Landesamtes für Denkmalspflege sehr anschaulich im Anwesen Bernt in der Gablonzer Straße 5 in Weidenberg nachvollzogen werden. So betrieben in der Regel einzelne Familien mit einigen Angestellten die Produktionsstätten, so dass der Manufaktur- bzw. Werkstattcharakter bei der Herstellung überwog.

Bei dem Gebäude handelt es sich um einen eingeschossigen Putzbau mit Satteldach von Bodo Bauer aus Bad Berneck, der in den Jahren 1951/52 im Rahmen des Marshallplanes errichtet worden ist. Im Anwesen des Max Bernt wurde Modeschmuck erzeugt und auch direkt verkauft. Daneben wurden Veredelungsarbeiten an Perlen und Druckarbeiten, zum Beispiel Knöpfe, ausgeführt. Der Bau gleicht äußerlich einem schlichten Siedlungsbau der unmittelbar Nachkriegszeit. Beschilderungen (Max Bernt, Gablonzer Glasschmuckwaren) und Beschriftungen (Modeschmuck, Erzeugung und Verkauf) weisen noch heute auf die einstige Funktion hin. Die Haustür enthält in den Glasfüllungen die eingravierten Initialen des Erbauers Max Bernt.

Alles Handarbeit

Hinter der Haustür liegt ein durch Glasbausteine abgeteilter Windfang, hinter dem sich wiederum der Flur befindet. Von hier kann man den über Eck angelegten Verkaufsraum mit einer bauzeitlichen Theke und Regalen sowie die Büro- und Lagerräume erreichen. Im teilausgebauten Dachgeschoss befindet sich eine bescheiden anmutende Zweizimmerwohnung. Wie aus der Beschreibung des Bayerischen Landes für Denkmalspflege weiter hervor geht, nehmen den größten Teil des Gebäudes verschiedene Werkräume ein, anhand derer die einzelne Produktion noch nachvollzogen werden kann. Vom Flur aus werden über einen schmalen Gang die Rumplerei (Rotation der Glaswaren in Tonnen, dadurch Entgradung und Vorschliff des Glases) sowie die Feuerpoliererei (Überschmelzen der Glaswaren in einem eigens dafür errichteten und noch vorhandenen Kaminofen) erreicht.

Etwa ein Drittel der Gebäudefläche nimmt die Werkstatt mit Ofen und Drückerei ein. Hier wurden nicht nur die Glasstangen und –formen erzeugt, sondern auch die Waren in ihre weiter zu bearbeitende Grundform gebracht. Aufgrund der starken Hitzeerzeugung ist der Boden durchgängig mit Ziegelpflaster belegt. Das Dachwerk lag bauzeitlich offen. Der Produktionsvorgang war nie industriell, sondern bis zur Geschäftsaufgabe vor nur wenigen Jahren handwerklich im Sinne einer Manufaktur.

Denkmalspfleger kommen zu dem Fazit, dass durch das Anwesen Bernd in der Gablonzer Werksiedlung in Weidenberg die letzte Glasfabrik mit ihrer bis heute ablesbaren Produktionsabfolge, Vertriebsstruktur und dem Wohnbereich erhalten geblieben ist. Andere Gebäude vergleichbarer Größe existieren in diesem Siedlungsbereich zwar noch, sind aber im Inneren und häufig auch im Äußeren sehr verändert worden. Damit ist nach Auffassung der Denkmalspfleger die Glasfabrik Bernt aus geschichtlichen, städtebaulichen und volkskundlichen Gründen als Baudenkmal im Sinne des Denkmalschutzgesetzes in die Bayerische Denkmalliste einzutragen.

Frau Mann probierts

Die Ratsmitglieder folgten dieser Empfehlung des Bayerischen Landesamtes für Denkmalspflege. Da sich in der Nähe dieses neuen Denkmales ein weiteres Denkmal ähnlicher Gestalt in der Werksiedlung befindet, das sogenannte Pohl-Haus, wurde die Verwaltung mit neuen Aufgaben beauftragt. Sie soll nun prüfen, ob durch eine Umsiedlung des Pohl-Hauses in den Bereich der Glasfabrik Bernt nicht eine zentrale Stätte der Glasmanufaktur als Denkmal geschaffen werden kann. Damit könnte durch diese Zusammenfassung ein Ort entstehen, der den Aufschwung des Ortes Weidenberg nach dem zweiten Weltkrieg wiedergibt.

Begutachtung

In einem Teil der Gebäude der Manufaktur Bernt befindet sich das Weidenberger Glas-Knopf-Museum, das vom Verein Werksiedlung in Weidenberg eingerichtet wurde und betreut wird. Vor Beginn der Sitzung hatte dessen Vorsitzender, Heinz Schimek, den Marktgemeinderat auf die existentielle Bedeutung dieses Gebäudes für den Verein hingewiesen. In ihm hat der Verein ein Museum eingerichtet, das nicht nur die Produkte der Gablonzer und damit  nach dem Krieg Weidenberger Glasindustrie veranschaulicht. Gerade der Ablauf der Produktion ist das Besondere dieses Museums, das auch ein Mitmachmuseum ist, da sich die Besucher eigene Glasperlen wickeln können (Wickeln in der Begriff für die Herstellung von Glasperlen). Zudem veranschaulichen Vorführungen den Ablauf der Glasverarbeitung. Dieses Museum ist von April bis einschließlich Oktober jeweils am Sonntag von 14 Uhr bis 16 Uhr und nach Vereinbarung geöffnet.

Das Gebäude

Die Sammlung der Produktionen

Frau Brigitte Hadlich "neue" 1. Vorsitzende Tel.:       09278 / 319 Handy:   01717 / 7454519 e-mail: big@hadlich-art.de

Roland Sieber